Unfair findet es US-Präsident Trump, dass in den USA zahllose deutsche Luxusautos umherfahren. Während die Europäer amerikanische Pkw arrogant verschmähen. Das Problem ist allerdings hausgemacht und wird sich durch Zollpolitik kaum lösen lassen.
Ganz korrekt ist es ohnehin nicht, dass Europäer keine Autos aus den USA kaufen. Rund 205.000 Pkw aus Werken zwischen New York und Los Angeles sind laut Daten der Unternehmensberatung Inovev im vergangenen Jahr in EU, EFTA und Vereinigtes Königreich importiert worden. Die Zahl ist seit Jahren mehr oder weniger konstant, schwankt lediglich um ein paar tausend Einheiten. Das mögliche Problem aus Trump-Sicht: von amerikanischen Marken stammen die Fahrzeuge nur selten. 188.000 Einheiten trugen 2024 Logos von BMW und Mercedes. Hinzu kamen noch 5.000 Volvos.
Der Rest entfällt auf in Amerika gebaute Autos amerikanischer Marken. Sie spielen in Europa tatsächlich keine Rolle. Was es an Modellen doch über den großen Teich schafft, sind Nischenautos wie der Geländewagen Jeep Wrangler, der Sportwagen Ford Mustang oder der Elektro-Crossover Tesla Model X. Allesamt eher Lifestyle- und Luxusmodelle, nichts, was hohe Absatzzahlen generieren würde. Das liegt auch daran, dass die USA Autos mit Absatzpotenzial – zumindest aus Sicht europäischer Kunden – so gut wie nicht mehr herstellen.
Die US-Autoindustrie hat sich bei der Modellpolitik vom Rest der Welt abgekoppelt und baut vor allem Autos für den heimischen Geschmack: große Pick-ups und Trucks. Den Ursprung hatte diese Entwicklung in den 1960er-Jahren, als die protektionistische „Chicken Tax“ zunächst den US-Nutzfahrzeugmarkt abschirmte und europäische oder japanische Pritschenwagen oder Geländeautos nahezu unverkäuflich machte. Die einstigen Arbeitsgeräte etablierten sich über die folgenden Jahrzehnte immer mehr als Pkw-Konkurrenz und verdrängten langsam, aber sicher die klassische Limousine aus Produktportfolien und Straßenverkehr.
Die in den USA bestverkauften US-Autos sind hierzulande außerhalb von Fan-Kreisen fast unverkäuflich. Der Ford F-150, ein großer Pick-up, findet in den Staaten pro Jahr fast 200.000 Kunden; in Europa bringen freie Importeure eine Handvoll auf die Straße. Ähnlich sieht es bei Chevrolet Silverado, Ram Pickup oder dem GMC Sierra sowie den zahlreichen Geländewagen-Ableitungen dieser Pritschenwagen aus. In den USA sind sie Powerseller, in Europa Exoten. „Für die hiesigen Straßen und Städte sind die Autos zu groß, zu unhandlich und zu durstig“, so Ferdinand Dudenhöffer vom Center Automotive Research in Bochum. Hinzu komme das unterschiedliche Qualitätsempfinden in beiden Märkten – Europäer seien vor allem bei Fertigungsqualität und Interieurgestaltung deutlich anspruchsvoller. Die US-Hersteller überlassen das Europa-Geschäft daher gerne freien Importeuren und haben sich ansonsten in ihrem nordamerikanischen Biotop gut eingerichtet.
Der Pick-up-Verkauf ist ein gutes Geschäft, die Technik ist eher simpel und die Gewinne sind hoch. Im Ford-Konzern ist der F-150 mit Abstand das Auto mit der höchsten Marge – trotz der in den USA recht zivilen Preise. So gesehen ist es nachvollziehbar, dass sich die US-Branchenvertreter aus anderen Segmenten zurückgezogen haben. Die Japaner und Koreaner konnten so den schrumpfenden Limousinen-Markt übernehmen, die Deutschen sich ungestört im Premium-Ressort sonnen.
Anfang des Jahrtausends sah die Sache noch anders aus. Damals exportierten US-Autobauer noch rund 2,2 Millionen Fahrzeuge in alle Welt, viele davon nach Europa. Deutsche Kunden konnten Modelle wie den Chrysler PT Cruiser, den Cadillac CTS oder den Dodge Caliber kaufen. Hinzu kamen zahlreiche in Deutschland oder Südkorea gebauten Fahrzeuge von US-Marken: vom Chrysler Crossfire bis zum Chevrolet Aveo. Heute ist das prominenteste US-Auto das Tesla Model Y. Und das wird für den hiesigen Markt in Brandenburg gebaut. Selbst Ford kann da nicht mehr mithalten – seit der deutsche Ableger des US-Konzerns seine Volumen-Limousinen Fiesta, Focus und Mondeo mangels Verkaufsvolumen absägen musste, verschwindet das blaue Oval hierzulande zunehmend in der Lifestyle-Nische. Ford steckt dabei laut Dudenhöffer in einem doppelten Dilemma: Die US-Autos sind in Europa unverkäuflich, die europäische in den USA. Dran glauben mussten erst einmal letztere.
Dass sich die Situation für US-Autos noch einmal ändern lässt, ist unwahrscheinlich. Pick-ups und Trucks werden hierzulande wohl niemals mehr Megaseller. Und dass die US-Hersteller ihre Produktstrategie ändern, ist ebenfalls nicht abzusehen. Selbst wenn sie das täten, hätten sie in Europa mit den neuen chinesischen Marken starke Konkurrenz. Die treffen zwar auch nicht immer den hiesigen Geschmack, sind aber insgesamt deutlich näher dran und technisch häufig voraus.